Dharma – Erklärung und Erfahrungsbericht
Vor ein paar Wochen habe ich Maker DAO gestetet, die bislang erfolgreichste “DeFi” Applikation im Ethereum Netzwerk. Gestern ging nun mit Dharma ein Protokoll live, welches einen ähnlichen Anwendungszweck hat und meines Erachtens die Chance hat ein noch größerer Erfolg zu werden. Auch bei Dharma kann man eigenständig und ohne Mittelsmann Darlehen aufnehmen (“borrowing”) in dem man eine Sicherheit (Collateral) in Höhe von 150% hinterlegt. Dies allerdings deutlich benutzerfreundlicher und einfacher als mit dem Maker DAO Smart Contract. Darüber hinaus bietet Dharma attraktive Zinsen fürs “lending“, also für diejenigen, die das Geld zur Verfügung stellen, das als Darlehen ausgegeben wird. Ich habe beide Seiten mal getestet und bin schwer beeindruckt. Aber der Reihe nach…
Vorbemerkung DAI
Zum Verständnis dieses Artikels ist es wichtig zu verstehen, dass DAI ein “Stable Coin” ist, also eine Kryptowährung, die aufgrund von komplexen spieltheoretischen Prinzipien an den Dollar gekoppelt ist, so dass 1 DAI immer fast genau 1 Dollar entspricht.
Borrowing mit Dharma
Auf den ersten Blick erscheint so ein Angebot seltsam: “Warum sollte ich mir 100 Dollar leihen wenn ich dafür erst 150 Dollar hinterlegen muss?” Doch der Knackpunkt ist, dass man sich eine andere Währung leiht, als man als Sicherung hinterlegt. Also hinterlege ich beispielsweise 150 Dollar in ETH und bekomme dafür 100 DAI oder umgekehrt.
Hier ein paar Beispiele in denen das Sinn macht:
- Ich hinterlege ETH als Sicherung und kaufe mit den DAI die ich aus dem Darlehen bekomme weitere ETH! (das zu vergleichen mit klassischen Hebelprodukten).
- Ich besitze ETH die ich nicht verkaufen möchte, habe aber einen vorübergehenden finanziellen Engpass und brauche Cash (DAI).
- In der Zukunft können alle möglichen Krypto Assets hinterlegt werden um DAI zu bekommen, wie zum Beispiel wertvolle “NFTs” (Non-fungible Tokens wie z.B. Cryptokitties).
Solche Fälle in denen nicht liquide Werte als Sicherung für liquide Mittel hinterlegt werden, gibt es in der realen Welt zu Hauf. Tatsächlich ist der Markt auf denen mit solchen Schuldverschreibungen (z.B. Anleihen) gehandelt wird sogar um ein Vielfaches größer als zum Beispiel der Aktienmarkt [citation needed].
Die Bedingungen, wie der Zinssatz (APR = Annual Percentage Rate) und die Laufzeit (Term) zu denen man bei Dharma ein Darlehen aufnehmen kann, stehen im Vorhinein fest:
Aktuell werden nur DAI oder ETH angeboten, aber prinzipiell gibt es keine Beschränkungen, welche Ethereum Assets über das Dharma Protokoll verliehen und geliehen werden können.
Im obigen Beispiel habe ich 90 Tage Zeit mein Darlehen zurückzuzahlen um meine als Sicherheit hinterlegten ETH -abzüglich des 4% effektivem Jahreszins-, wieder zu bekommen. Die Zinsen kommen übrigens den Lendern zu Gute (siehe nächster Abschnitt).
Wie bei Maker DAO, laufe ich auch auch bei Dharma Gefahr, dass mein Collateral verkauft (liquidiert) wird um sicherzustellen, dass das Darlehen gedeckt ist. Dies passiert sobald der Wert meiner Sicherung weniger als 125% des geliehenen Wertes ist, also wenn der Preis von ETH entsprechend sinkt. Damit mein Collateral nicht liquidiert wird, kann ich wie auch bei Maker jederzeit ETH nachschießen. Entsprechende Liquiditätswarnungen schickt mir Dharma per Email.
Um ein Darlehen aufzunehmen, wird nicht einmal die MetaMask Browserextension benötigt (normalerweise für alle dApps der normale Weg). Einfach mit Email Adresse und PIN anmelden (nicht mal eine Email Bestätigungsmail wird verschickt). Danach sieht man folgenden größtenteils selbsterklärenden Screen:
Für 1000 DAI Darlehen muss ich also 8,471 ETH (150 Dollar) in den Smart Contract einzahlen. Die DAI werden dann an die unten genannte Adresse gesendet. Danach zeigt mir Dharma die Adresse an, auf die ich die ETH Sicherung einzahlen muss. Das kann ich mit jedem beliebigen Wallet machen.
Sobald die ETH Transaktion bestätigt ist (in der Regel weniger als 1 Minute), wechselt der Screen auf eine Bestätigungsseite und mein Darlehen wird ausgezahlt. Zum Vergleich: Bei Maker DAO musste ich mit 4 verschiedenen Token hantieren und allerhand Fachbegriffe kennen um an mein Darlehen zu kommen. Aus Sicht der Nutzerführung ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Aber woher kommen jetzt die DAI, die ich mir gerade geliehen habe? Hier kommt das “Lending” ins Spiel.
Lending mit dem Dharma Protokoll
Jedes Darlehen das mit Dharma aufgenommen wird muss zunächst von einem Lender als Angebot eingestellt worden sein. Aktuell gibt es keine Möglichkeit die Bedingungen des Darlehensangebot selbst zu beeinflussen. Für das Bereitstellen von DAI bekommt man 8% Zinsen in Jahr, für ETH aktuell 2,5%.
Anmerkung: Zinssätze auf Dharma
Diese Zinssätze sind im Moment noch von Dharma (dem Unternehmen, welches das Dharma Protokoll entwickelt hat) subventioniert. Das erklärt auch warum die Kreditzinsen niedriger sind als die Zinsen fürs Leihen. Denn im Moment kann man sich theoretisch DAI leihen für 4% Kreditzinsen und diese DAI für 8% Jahreszins wieder verleihen. Das ist natürlich kein nachhaltiges Geschäftsmodell 🙂 .
Das Einstellen von Lending Angeboten ist von der Nutzerführung noch einfacher als ein Darlehen aufzunehmen. Währung auswählen (im Beispiel ETH), Betrag auswählen den man verleihen möchte und eine Auszahlungsadresse für die Zinsen hinterlegen, fertig.
Die so bereitgestellten ETH kann man jederzeit wieder aus dem Dharma Smart Contract abziehen. Zinsen gibt es allerdings erst, wenn das Darlehen auch von einem Borrower in Anspruch genommen wird. Im Moment gibt es jedoch mehr Lender als Borrower (aktuell ist das Verhältnis ca. 3:2), so dass ich auf meine Lending Einlage auch nach 20 Stunden noch nichts bekommen habe:
Fazit
Die ersten Nutzungsdaten lassen vermuten, dass hier eine sehr erfolgreiche Plattform entsteht. Bereits 24 Stunden nach dem öffentlichen Start sind dem Dharma Smart Contract bereits 3000 ETH zugeflossen. Allerdings muss man diese Zahlen etwas relativieren, da die Wahnsinnskonditionen von Dharma aktuell ja noch subventioniert sind.
Je nachdem wie sich die Konditionen ohne diesen “Kickstart” entwickeln, könnte hier aber etwas sehr Großes heranwachsen: Die Nutzungsfreundlichkeit ist überragend im Vergleich zu den bisherigen Ethereum dApps. Und nicht zuletzt in Verbindung mit den anderen DeFi Applikationen bringt Dharma einen echten Mehrwert. Vor allem im Vergleich zu Maker DAO Smart Contract, und in dem stecken ja immerhin ca. 2% aller im Umlauf befindlichen ETH!
Auch wenn Dharma wahrscheinlich nicht die Killer App ist, die Otto Normalbürger in Kryptowährungen treibt, fügt es dem von Grund auf neugedachtem, dezentralem Finanzsystem ein weiteres wichtiges Puzzlestück hinzu.
Warnung: Die Smart Contracts im Dharma Protokoll sind zwar ausgiebig getestet, dennoch kann es bei einem so jungen Produkt immer vorkommen, dass es noch Sicherheitslücken gibt. Dies sollte man sich immer bewusst sein bevor man so ein Produkt nutzt und das Risiko mit dem Zinssatz verrechnen.